Als der Abiturjahrgang 1960 seinen Abschluss feierte, war das Abitur noch etwas Besonderes, entsprechend wurden die Feierlichkeiten gestaltet. Die 21 erfolgreichen Absolventen erschienen im schwarzen Anzug mit silberner Krawatte zum offiziellen Fototermin und dem Festakt. Nach dem Gottesdienst wurden die neuen Abiturienten, die erstmals mit einer Studentenmütze ausgestattet worden waren, mit Kutschen durch die Stadt zunächst zum Rathaus gefahren, wo sie vom Bürgermeister empfangen wurden und sich in das Goldene Buch der Stadt Ahaus eintrugen. Sodann ging es weiter zum Schloss. Dort erfolgte im Fürstensaal der Festakt mit der feierlichen Übergabe der Reifezeugnisse durch den damaligen Schulleiter OStD Thoss. In Erinnerung an die besonderen Feierlichkeiten vor nunmehr 61 Jahren trafen sich die neun noch lebenden Klassenkameraden am Donnerstag, dem 16. 09. 2021, in Ahaus. Zu Beginn dieses Feiertages trafen sich die Jubilare und ihre Partnerinnen im Rathaus der Stadt, wo sie von der Bürgermeisterin Frau Voß und dem Dezernent Werner Leuker begrüßt wurden. Im Ratssaal informierten Frau Voß und Herr Leuker die Jubilare in Worten und Bildern insbesondere über die aktuellen baulichen, wirtschaftlichen und bildungspolitischen Entwicklungen in Ahaus. Mit großem Interesse und Vergnügen betrachteten die Damen und Herren den aktuellen Ahaus-Film sowie einen Film über die eigene Schulzeit aus den 60er Jahren. Der Sprecher der Jubilare, Dr. Dirk Bodeewes, überreichte der Bürgermeisterin für das städtische Archiv eine handgeschriebene Klassenchronik und ein sehr persönliches Essay über die damalige Schulzeit am Alexander -Hegius – Gymnasium, das der Klassenkamerad Heinz Jürgen Blömeke verfasst hatte. Bei der Gelegenheit wies Dr. Bodeewes mit großer Betroffenheit darauf hin, dass Heinz Jürgen Blömeke, der diese Jubiläumsveranstaltung initiiert und geplant hatte, in der letzten Woche nach längerer schwerer Krankheit gestorben sei. Man habe sich nach kurzer Überlegung entschlossen, dieses Treffen doch durchzuführen, zumal es dem Wunsch des Verstorbenen entsprechen würde. Dr. Bodeewes dankte abschließend noch dem Verein der Ehemaligen des AHG für die engagierte Unterstützung bei der Erstellung des Festprogramms. Der Empfang im Rathaus endete mit einem Erinnerungsfoto. Der weitere Programmablauf führte die anwesenden Abiturienten an alte Wirkungsstätten in Ahaus zurück und rief schöne und lebhafte Erinnerungen wach. Das galt in besonderer Weise für den Mittagsimbiss in der Gaststätte „Marktschänke“. Gastwirt Dirk Rolfes servierte seinen Gästen in Erinnerung an die Schulzeit – so wie vor über 60 Jahren bereits sein Vater - „Butterbrot mit Spiegelei“. Damals kostete der Imbiss 50 Pfennig, über den aktuellen Preis schwiegen sich alle Beteiligten aus, genossen allerdings gleichsam wie früher den köstlichen Imbiss. Sehr kurzweilig verlief sodann ausgehend vom Fürstensaal des Schlosses der informative Rundgang mit dem Nachtwächter Hermann Volmer, der zudem als Abiturient des Jahrgangs 1959 viele gemeinsame Erinnerungen mit den Jubilaren austauschen konnte Im Gottesdienst in der Turmkapelle der Kirche St. Maria Himmelfahrt, den Pfarrer Werner Wiching (ehemaliger Religionslehrer am AHG) zelebrierte, gedachte man vor allem der verstorbenen Klassenkameraden und des langjährigen und verdienten Klassenlehrers Werner Drees. Der beeindruckende und in mehrfacher Hinsicht emotionale Erinnerungstag endete mit einem gemeinsamen Abendessen in der Gaststätte „Marktschänke“.

Predigt Abiturientia 6o Jahre 16.9.21

„Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind...“ (1 Ko 13,11) Das sind Worte des Apostels Paulus, und mit meinen eigenen Worten kann ich hinzufügen: „...und ich glaubte wie ein Kind.“ So habe ich anlässlich unseres Gottesdienstes einmal einen Film über meine Kindheit und Jugend an mir vorbei laufen lassen, um zu sehen, was sich hinsichtlich von Glaube und Kirche im Laufe der Zeit bis heute geändert hat. Und ich vermute, viele Eindrücke und Erfahrungen werden Sie mir bestätigen. Als Kind glaubte ich ausnahmslos alles, was mir Eltern und Erzieher von „Gott und der Welt“ erzählten. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, auch nur den geringsten Zweifel daran zu hegen, oder ihn gar auszusprechen. Das hätte ja bedeutet, mich selbst aus der vertrauten Gemeinschaft der Gläubigen ins Abseits zu stellen. Schon als Kinder waren wir im ersten Jahrzehnt unseres Lebens total auf das Jenseits, auf den Himmel, fixiert. Dort würde Jesus zur Rechten Gottes sitzen und uns alle nach unseren Taten und Worten richten. Für die Guten war der Himmel, für die Schlechten das Fegefeuer, wo sie ihre Sünden in den Flammen abzubüßen hatten. Für die ganz Bösen kam nur die Hölle infrage, in der „Heulen und Zähneknirschen“ herrschte. - Vor solchen Aussichten hatten wir natürlich „höllische Angst“. Unser Bemühen ging ausnahmslos dahin, auf unserem Konto bei Gott gute Werke und Taten anzusammeln, um sie IHM dereinst vorweisen zu können und um den verdienten Lohn zu erhalten. - Dass wir damit bei Gott eine Rechnung aufmachten, war keinem von uns bewusst. Während der Messe betrachtete ich immer wieder die vielen Statuen und Gemälde in der Kirche, um zu entdecken, ob irgendeiner der dargestellten Heiligen ein Lächeln im Gesicht hatte. Aber keiner der Heiligen lächelte mich an und niemand strahlte Freude aus, obwohl es sich doch um Heilige handelt, die dargestellt waren. Das machte mich sehr nachdenklich und ich dachte, ob man im Himmel wohl auch nicht lachen dürfte wie es ja während der hl. Messe ebenfalls verboten war. Fragen über den Glauben gab es nicht. Ich erinnere mich, dass ich, als wir nach einer hl. Messe nach Hause gingen, äußerte, die Predigt sei doch wohl langweilig gewesen, von meinem Vater barsch angefahren wurde und er sagte nur: „Darüber spricht man nicht!“ Es sei nicht gut, hieß es damals, ständig so viel zu fragen oder gar zu kritisieren. Mein Glaube müsse noch viel tiefer werden! - Ich bemühte mich redlich darum. - Ohne Frage hatte Gott die Frau für Röcke und nicht für die gerade aufkommenden langen Hosen erschaffen, so behauptete damals unser Religionslehrer. Mein Dagegenhalten, dass man aber beim Bücken viel unanständiger unter einen Rock gucken könne, als unter eine lange Hose, wurde diese Bemerkung mit verächtlichem Schweigen quittiert und ich wurde ganz klein. Zum Glück haben die Wirkungen des II. Vatikanischen Konzils die Menschen im Glauben freier gemacht und auch selbstbewusster als in den Jahrzehnten davor. Dort, wo das richtige Glaubensverständnis zu einem glückenden Menschsein verholfen hat, ist es auch im Alter noch vorhanden. Der Reifeprozess des eigenen Glaubens kann durchaus mit einem fühlbaren Verlustschmerz einhergehen, so wie es ist, wenn zu eng gewordene Schuhe zu drücken begingen. Als Eltern und Erzieher ist man nur so lange glaubwürdig, wie sich die eigenen Worte mit dem persönlichen Verhalten decken. Junge Menschen sind überaus kritisch und feinfühlig. Sie beobachten uns Ältere sehr genau. Sie fordern uns gern heraus und erwarten, dass wir „Farbe“ bekennen. Was wir ihnen an Glauben weitergeben, sind nicht in erster Linie Regeln und Wissen, sondern das, was und wie wir es selber leben. Gläubig sein zu können, ist sicher nicht nur von göttlicher Gnade abhängig; es hat viel mit menschlicher Dankbarkeit zu tun. Dankbarkeit bringt Lebensfreude. Als dankbarer Mensch fühle ich einen inneren Reichtum, von dem ich weiß, dass ich nicht alles davon mir selbst verdanke. Im Alter hat man ein etwas anderes Glaubensverständnis als in jungen Jahren. Manche Fragen stellen sich nicht mehr, andere habe ich gelernt auszuhalten. Vielleicht werden sie mir irgendwann einmal beantwortet. Doch die Grundsubstanz meines Glaubens ist nach wie vor die Basis, auf der ich stehe und die mich erdet. Der „Fels in der Brandung“, von dem Jesus im Evangelium gesprochen hat, ist mein Fundament geworden. So ist mir meine christliche Prägung zeitlebens Orientierung und Maßgabe für das menschliche Miteinander geworden und ein inniges Gottesvertrauen gewachsen. Wohl auch aus einer tiefen Sehnsucht heraus nach einem guten Gott, in dem jegliche Existenz Gnade und Frieden findet – auch über den Tod hinaus.